Environment and Climate Assessment of Germany's Cap Strategic Plan
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Scheid, A. und S. Ittner (2023) 'Assessment of the German CAP Strategic Plan: environmental and climate contributions', Policy report, Institute for European Environmental Policy und Ecologic Institut
Das Ernährungssystem der Europäischen Union (EU) hat erhebliche Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt und ist schätzungsweise für 30 % der EU-Treibhausgasemissionen verantwortlich. Dabei trägt es erheblich zur Verschlechterung der Böden und zur Verringerung der Wasserqualität und -verfügbarkeit bei und ist gleichzeitig ein Treiber für den Verlust der biologischen Vielfalt unter anderem durch den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide, die Vereinfachung von Fruchtfolgen und den Verlust von Lebensräumen. Die Transformation hin zu einem nachhaltigen Agrar- und Ernährungssystem ist daher dringend notwendig.
Die gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) unterstützt mit verschiedenen Instrumenten ("Interventionen") die landwirtschaftliche Produktion. Hierfür werden etwa 30 % des gesamten EU-Haushalts verwendet. Damit ist die GAP der wichtigste Hebel für die Umstellung der Agrar- und Ernährungssysteme in der EU. Mit der jüngsten Reform der GAP wurde eine neue Architektur ("New Delivery Model") eingeführt, die Anfang 2023 in den Mitgliedstaaten in Kraft getreten ist. Es umfasst zehn spezifische Ziele zu den Themen: Wissen und Innovation, Wirtschaft, Soziales sowie Umwelt- und Klimaschutz. Die Mitgliedstaaten müssen einen nationalen Strategieplan vorlegen, in dem unter anderem der Bedarf des Landes für jedes der zehn spezifischen Ziele, die geplanten Maßnahmen zur Erreichung der Ziele und die für diese Maßnahmen vorgesehenen Haushaltsmittel dargelegt werden. Die neue Architektur soll a) zu einem leistungs- und ergebnisorientierten Ansatz führen, b) den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität geben, um die GAP-Fördermittel besser an die Bedingungen und Bedürfnisse vor Ort anzupassen, und c) die Wirkung der GAP mit Blick auf Nachhaltigkeitsaspekte zu stärken.
Der hier vorgestellte Bericht fokussiert sich auf den Bereich Umwelt- und Klimaschutz und analysiert den deutschen GAP-Strategieplan im Hinblick auf die drei spezifischen Ziele: Klimaschutz und Klimaanpassungen, Schutz der natürlichen Ressourcen und Biodiversität. Die Analyse ist Teil einer Reihe von Bewertungen von GAP-Strategieplänen in Mitgliedstaaten mit großen landwirtschaftlichen Sektoren.
Grundsätzlich hat der Deutsche Strategieplan das Potenzial für eine ambitionierte Förderperiode von 2023 bis 2027 zum Schutz der Umwelt, der biologischen Vielfalt und des Klimas. Der vorliegende Strategieplan für das Jahr 2023 bleibt jedoch durch die konkrete Ausgestaltung von Maßnahmen deutlich hinter den Erwartungen zurück und bietet viel Raum für Verbesserungen, der in den Jahren bis 2027 gefüllt werden muss. Insbesondere der Klimaschutz kommt in dem Strategieplan zu kurz, unter anderem weil die klimarelevante GAP-Maßnahmen der 1. Säule kein hohes Ambitionsniveau aufweisen. Es ist deutlich erkennbar, dass ein Schwerpunkt des Strategieplans auf dem Schutz und die Verbesserung der biologischen Vielfalt liegt, was positiv hervorzuheben ist. Jedoch könnte die geringe Umsetzung der Maßnahmen auf Bundeslandebene und die geringe Vergütung für die Landwirte die Wirkung der Biodiversitätsmaßnahmen einschränken. Mit Blick auf die drängenden Probleme bei der Verunreinigung von Oberflächengewässern, Küstengewässern und Grundwasserkörpern durch die Landwirtschaft in Deutschland setzt der Strategieplan nur das absolute Minimum um, während die finanziellen Anreize für freiwillige Maßnahmen über die 2. Säule nicht ausreichend erscheinen. Maßnahmen zur Minimierung von Nährstoff- und Stickstoffverluste sind bisher zu wenig und oft nur indirekt adressiert.
Die GAP-Strategiepläne der Mitgliedstaaten können einmal pro Jahr angepasst werden. Laut dem Koalitionsvertrag der deutschen Regierung soll die derzeitige Architektur gegen Ende 2023 überprüft und im Sinne der Zielerreichung angepasst werden. Darüber hinaus soll ein Konzept vorgelegt werden, wie die Direktzahlungen durch die Honorierung von Klima- und Umweltleistungen angemessen ersetzt werden können. Damit bietet der Koalitionsvertrag eine wesentliche Grundlage, für eine deutliche Anpassung des Strategieplans ab 2024 hin zu mehr Klima-, Biodiversitäts- und Umweltschutz.
Die Politikempfehlungen dieses Berichts konzentrieren sich sowohl auf mögliche Anpassungen des deutschen Strategieplans in der laufenden Förderperiode als auch auf die Weiterentwicklung der GAP nach 2027 sowie angrenzende Politikbereiche.
Empfehlungen für Anpassungen in der laufenden Förderperiode:
- Keine weiteren Ausnahmen der Konditionalität nach 2023. Die Ausnahmeregelung im Jahr 2023 zur Fruchtfolgendiversifizierung (GLÖZ 7) und den Brachen (GLÖZ 8) müssen eine Ausnahme bleiben.
- Die Breite der Gewässerrandstreifen (GLÖZ 4) sollte auf mindestens 5 Meter ausgeweitet werden, um eine einheitliche Basis für Gewässerrandstreifen in allen Bundesländern zu schaffen, einschließlich des Verbots der Verwendung von chemisch-synthetischen Pestiziden und Düngemitteln auf diesen Flächen.
- Erhöhung der Mittelzuweisung für die Öko-Regelungen auf mindestens 25 %.
- Programmierung von Ökoregelungen zur Verringerung von Nährstoff- und Stickstoffverlusten.
- Ansteigende Einheitsbeträge für die Ökoregelung zu einjährigen Brachen (DZ-0401), um Landwirten einen Anreiz zu geben, ihre Brachen auf 6 % ihrer landwirtschaftlichen Fläche auszuweiten, um damit das Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie von insgesamt 10 % Brachflächen zu erreichen.
- Sicherstellen, dass die Bundesländer ein Mindestmaß an freiwilligen zweite Säule Maßnahmen anbieten, die für den Klima-, Biodiversitäts- und Umweltschutz von großer Bedeutung sind, wobei die regionalen Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Dies könnte zum Beispiel auf der kommenden Agrarministerkonferenz im März 2023 auf der Grundlage einer vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgeschlagenen Positivliste vereinbart werden.
- Ein Auslaufen der Direktzahlungen für landwirtschaftliche Produktion auf entwässerten Moorflächen bei gleichzeitiger Nutzung von Ökoregelungen und freiwilligen Maßnahmen der zweiten Säule zur Vorbereitung der langfristigen Wiedervernässung von Moorflächen. Dazu gehört die Umwandlung von Ackerland in Dauergrünland, Extensivgrünland auf Moorflächen und die Reduzierung des Viehbestands auf diesen Flächen.
- Einführung von Maßnahmen zur Förderung einer flächengebundenen Nutztierhaltung, betriebseigene Futtermittelproduktion und Maßnahmen zur Begrenzung von Großvieheinheiten pro Hektar auf Betriebsebene, insbesondere in Regionen mit hoher Viehbesatzdichte.
Empfehlungen für die Weiterentwicklung der GAP nach 2027 und angrenzende Politikbereiche:
- Einführung eines Mindestbudgets für Klima-, Biodiversitäts- und Umweltschutz innerhalb der sektorspezifischen und investiven Maßnahmen.
- Mehr Geld für die Grüne Architektur zur Verfügung stellen (1. und 2. Säule).
- Die Aufnahme des integrierten Pflanzenschutzes in die Konditionalität.
- Schaffung einer Finanzierungsgrundlage für eine umfassende und langfristige Umstrukturierung der Nutztierhaltung in Deutschland.