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Ein neuer globaler Rahmen für die biologische Vielfalt – Bewertung der COP15-Ergebnisse

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Ein neuer globaler Rahmen für die biologische Vielfalt – Bewertung der COP15-Ergebnisse

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Berlin, Deutschland
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Nach vierjährigen Verhandlungen verabschiedeten die Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) am 19. Dezember 2022 einen neuen globalen Rahmen für die biologische Vielfalt bis 2030 (Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework), das den Strategischen Plan für die biologische Vielfalt 2011-2020 und die Aichi-Ziele des CBD ersetzt. Die Einigung erfolgte im zweiten Teil der fünfzehnten Konferenz der Vertragsparteien (COP-15), die vom 7. bis 19. Dezember 2022 in Montreal (Kanada) unter dem Vorsitz der Volksrepublik China stattfand. Das Ecologic Institut erstellte mehrere Policy Briefs zur Wiederherstellung von Ökosystemen, die eine wichtige Priorität und ein spezifisches Ziel im neuen globalen Biodiversitätsrahmen ausmachen. Eine separate Publikation zu den Ergebnissen der CBD COP15 und ihrer Bedeutung für die UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen ist in Vorbereitung.

Der Rahmen besteht aus vier übergeordneten Statuszielen (Goals) bis 2050, und 23 Handlungszielen (Targets) bis 2030. Zu den Statuszielen gehören die Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt, der Beitrag der Natur für den Menschen und die nachhaltige Bewirtschaftung, der Zugang und die Aufteilung der Vorteile sowie Instrumente und Lösungen für die Umsetzung.

Reaktionen

Die schließlich erzielte Einigung auf den neuen GBF wurde von vielen als ein Erfolg und mutiger Schritt in Richtung einer besseren Zukunft für die kommenden Generationen begrüßt (1). Die Verhandlungen begannen allerdings mit "großen Uneinigkeiten" zwischen den Vertragsparteien, wurden als "hart umkämpft" eingestuft und waren daher von "vielen Kompromissen" geprägt (2-3). Das Treffen stieß auf hohe Erwartungen seitens der Zivilgesellschaft und auf große Aufmerksamkeit in den Medien. Im Vorfeld wurden die Konferenz und das dazugehörige Abkommen als Wendepunkt oder gar als "letzte beste Chance für die Wiederherstellung unseres gestörten Verhältnisses zur Natur" bezeichnet (4). Mit den Worten von UN-Generalsekretär António Guterres hatte COP15 die "dringende Aufgabe, Frieden mit der Natur zu schließen". Nichtregierungsorganisationen, darunter WWF und TNC, betonten, dass "die Zukunft allen Lebens auf der Erde auf dem Spiel stehe", und dass die COP15 zum "Pariser Moment für die Natur" werden solle (5) – in Anlehnung an das Pariser Klimaabkommen unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC).

Von der Zielsetzung zur Umsetzung

Im Vergleich zu den vorausgegangenen Aichi-Biodiversitätszielen ist der neue GBF inklusiver und umfassender, aber auch komplexer (2). Als ein Hauptgrund für das Scheitern der Aichi-Ziele wurde die vage Formulierung der Ziele identifiziert. Trotz dessen, dass viele der Ziele des neuen GBF SMART sind –  d. h. spezifischer, messbar, erreichbar, relevant und zeitgebunden (2) –  bleiben viele Zielformulierungen relativ vage, sodass eine ambitionierte Umsetzung von den einzelnen Vertragsstaaten abhängt. Letztlich wird dieses Abkommen daran gemessen werden, wie gut es umgesetzt wird.  Das Ziel des Abkommens, den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2030 umzukehren, könnte untergraben werden, wenn es nicht auf nationaler Ebene angegangen wird. Es ist nun von entscheidender Bedeutung, dass Regierungen, Unternehmen und der Gesellschaft, die Ziele des Abkommens in konkrete Ergebnisse umzusetzen. Dazu gehört, dass die Länder ihre nationalen Strategien und Aktionspläne zur biologischen Vielfalt aktualisieren, um sie mit den globalen Zielen in Einklang zu bringen und ihre Ambitionen bei Bedarf zu verstärken, um dem Ausmaß der Naturkrise angemessen sind. Auf EU-Ebene sollte beispielsweise ein konstruktiver Austausch dazu stattfinden, ob die Ziele des Gesetzesvorschlags zur Wiederherstellung von Ökosystemen von derzeit 20 % bis 2030 an das GBF-Ziel von 30 % bis 2030 angeglichen werden.

Ein Hauptkritikpunkt an der neuen GBF ist jedoch das Fehlen eines verbindlichen Mechanismus, der die Regierungen zum Verstärken der Maßnahmen verpflichtet. Damit bleibt er hinter dem Pariser Klimaabkommen zurück, in dem ein solcher Mechanismus ("Ratcheting") vorgesehen ist.

Finanzierung

Eines der umstrittensten Themen bei den Verhandlungen war das Finanzpaket zur Unterstützung der weltweiten Naturschutzbemühungen, insbesondere in den Entwicklungsländern. Die GBF enthält nun jedoch einen neuen Finanzierungsmechanismus, der den Entwicklungsländern helfen soll, ihre Ziele zu erreichen. Damit die ehrgeizigen Ziele des Übereinkommens von Montreal erreicht werden können, ist es von entscheidender Bedeutung, dass diese finanziellen Verpflichtungen in vollem Umfang erfüllt werden. In der Vereinbarung wird gefordert, naturschädliche Subventionen, um mindestens 500 Mrd. USD zu reduzieren und sich darüber hinaus zu verpflichten, die finanziellen Mittel aus allen Quellen bis 2030 zu erhöhen und mindestens 200 Mrd. USD pro Jahr zu mobilisieren. Dies entspricht in etwa einer Verdoppelung gegenüber dem Basisjahr 2020. Dennoch dürfte dies im Vergleich zu dem, was tatsächlich benötigt würde, unzureichend sein. So zeigt ein aktueller UN-Bericht, dass die derzeitigen Finanzströme für NBS bei 154 Mrd. USD pro Jahr liegen, was weniger als die Hälfte der bis 2025 benötigten 384 Mrd. USD pro Jahr und ein Drittel der bis 2030 benötigten 484 Mrd. USD pro Jahr ausmacht. Insbesondere die Investitionen des Privatsektors in NBS müssen in den kommenden Jahren "um mehrere Größenordnungen" steigen.

Die Bedeutung der bedrohten biologischen Vielfalt

Wir sind von der biologischen Vielfalt in Bezug auf die so genannten "Ökosystemleistungen" abhängig, d. h. den direkten und indirekten Nutzen, den die Menschen aus den Ökosystemen ziehen, z. B. in Form von Nahrungsmitteln, Holz, Luftqualität und Wasseraufbereitung. Die jüngste Aktualisierung der Roten Liste der bedrohten Arten von IUCN, die zu Beginn der COP15 veröffentlicht wurde, verdeutlicht das Ausmaß und die Dringlichkeit der Biodiversitätskrise: 28 % der Tier- und Pflanzenarten sind demnach aktuell akut vom Aussterben bedroht (6); innerhalb der nächsten Jahrzehnte könnten sogar eine Million vor dem Aussterben stehen (7). In Anbetracht der vielfältigen Leistungen, die die Natur für uns erbringt, sollten wir alle unsere Anstrengungen und Mittel einsetzen, um diese große Krise zu bekämpfen. Auf der COP15 bot sich Regierungen weltweit die entscheidende Gelegenheit, sich auf wichtige Maßnahmen zu einigen, um den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen und die verbliebenen artenreichen Ökosysteme der Welt zu bewahren.

Referenzen

1.    UN / United Nations (2022a). UN News. UN conference concludes with ‘historic’ deal to protect a third of the world’s biodiversity. Online verfügbar: https://news.un.org/en/story/2022/12/1131837

2.    IISD / International Institute for Sustainable Development (2022). Summary of the UN Biodiversity Conference: 7-19 December 2022 Online verfügbar: https://enb.iisd.org/un-biodiversity-conference-oewg5-cbd-cop15

3.    ClientEarth (2022). COP15 halftime report: Lawyers concerned as wordsmithing stalls progress. Online verfügbar: https://www.clientearth.org/latest/press-office/press/cop15-halftime-report-lawyers-concerned-as-wordsmithing-stalls-progress/

4.    UK-Government (2022). Press release. COP15 - UK nature agencies set out vision to restore nature to avoid ‘profound threat to humanity’s future’. Online verfügbar: https://www.gov.uk/government/news/cop15-uk-nature-agencies-set-out-vision-to-restore-nature-to-avoid-profound-threat-to-humanitys-future  

5.    TNC / The Nature Conservancy (2022). CEO Statement: ‘At CBD-COP15, the future of all life on Earth is at stake’. Online verfügbar: https://www.nature.org/en-us/newsroom/the-nature-conservancy-statement-cbd-cop15-montreal/
6.    IUCN / International Union for Conservation of Nature (2022). Press Release. Human activity devastating marine species from mammals to corals - IUCN Red List. https://www.iucn.org/press-release/202212/human-activity-devastating-marine-species-mammals-corals-iucn-red-list

7.    IPBES / Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (2019). Global assessment report on biodiversity and ecosystem services of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services. E. S. Brondizio, J. Settele, S. Díaz, and H. T. Ngo (editors). IPBES secretariat, Bonn, Germany. Online verfügbar: https://zenodo.org/record/6417333#.Y7fcxNWZM2w.  

8.    UN / United Nations (2022). State of Finance for Nature 2022. Online verfügbar: https://www.unep.org/resources/report/state-finance-nature-2022

 

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