Politische Modelle und Überlegungen zur Verwendung der ETS-Einnahmen
- Präsentation
- Datum
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- Ort
- online und Brüssel, Belgien
- Podiumsdiskussion
Am 14. Juni 2023 präsentierte Aaron Scheid politische Modelle zur möglichen Verknüpfung von naturbasierten Kohlenstoffsenken (LULUCF removals) im Landnutzungssektor mit einem möglichen neuen Emissionshandelssystem für den Landnutzungssektor (AgETS). Erstellte fünf Modelle vor, welche im Rahmen der Studie "Pricing Agricultural Emissions and Rewarding Climate Action in the Agri-food Value Chain", für die EU-Kommission entwickelt wurden. Drei dieser Modelle sehen eine direkte Verbindung zwischen einem möglichen AgETS und LULUCF removals (darunter ein integriertes System, ein System mit Ausgleichszahlungen und ein Abschlagsmodel), eines eine indirekte Verbindung und eines keine Verbindung. Im Anschluss an die Beschreibung der fünf analysierten Modelle wurden die wichtigsten Herausforderungen präsentiert die bei einer möglichen Verknüpfung von Kohlenstoffsenken und eines möglichen AgETS entstehen können: Dazu gehören u.a. Risiken im Zusammenhang mit vorangestellten Emissionsreduktionszielen und die Frage der Nichtgleichwertigkeit von Emissionsreduktion und Kohlenstoffsenken und den unterschiedlichen Treibhausgasen.
Im Anschluss an die Präsentation fand eine Podiumsdiskussion statt, um die verschiedenen Ansichten folgenden Diskussionsteilnehmer:innen einbzubinden:
- Célia Nyssens-James vom Europäischen Umweltbüro (EEB), Senior Policy Officer für Landwirtschaft und Lebensmittelsysteme, wo sie sich mit der GAP, der Kohlenstoffbewirtschaftung, der GAP und den Lebensmittelsystemen befasst, um den Übergang zum Agrarsektor und die Bewältigung der ökologischen Herausforderungen auf synergetische Weise zu ermöglichen.
- Shefali Sharma vom Institute for Agriculture & Trade Policy (IATP), die an der Schnittstelle zwischen lokaler, globaler und nationaler Agrar-, Lebensmittel-, Klima- und Handelspolitik arbeitet.
- Ivo Degn von Climate Farmers und der Europäischen Allianz für Regenerative Landwirtschaft, der die europäische Basisbewegung der regenerativen Landwirte vertritt und seine Erfahrungen mit MRV, Zertifizierung, Zahlungen und der Umstellung der landwirtschaftlichen Betriebe auf regenerative Landwirtschaft einbringt.
- Ana Rocha von der European Landowners Association (ELO), die Landeigentümerorganisationen in ganz Europa vertritt, zu denen Landwirt:innen, Förster:innen und Naturschützer:innen gehören, und sich auf den nachhaltigen Übergang konzentriert, u. a. auf Nahrungsmittelsysteme und Zahlungen für Ökosystemleistungen.
Die Podiumsdiskussion ist im Folgenden nach Themen zusammengefasst.
Empfehlenswerte Methoden zur Kohlenstoffentfernung
Die Diskussion befasste sich mit den Details, die mit der Bewertung und Umsetzung verschiedener Kohlenstoffsenken verbunden sind. Die Podiumsteilnehmer:innen befassten sich mit der Ermittlung der wirkungsvollsten Methoden von Kohlenstoffsenken im Landnutzungssektor und nannten Agroforstwirtschaft, die Wiedervernässung von Moorböden (auch wenn es sich dabei vorrangig um Emissionsvermeidung als um Kohlenstoffsenken handelt) und den Übergang zu widerstandsfähigen landwirtschaftlichen Systemen als vielversprechende Ansätze. Darüber hinaus betonten sie, dass zur Erreichung des angestrebten Senkenziels, das mit den bestehenden NDCs (Nationally Determined Contributions) in Einklang gebracht werden soll, die Einbeziehung aller weltweit verfügbaren landwirtschaftlichen Anbauflächen erforderlich wäre, was die Notwendigkeit eines systemischen Ansatzes notwendig macht. Man war sich einig, dass ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt werden sollte, der Faktoren wie Dauerhaftigkeit, Skalierbarkeit und Umweltauswirkungen berücksichtigt und gleichzeitig einen starren hierarchischen Ansatz vermeidet.
Verknüpfung von Kohlenstoffsenken mit einem möglichen AgETS
Die Möglichkeiten der Verknüpfung eines möglichen AgETS und Kohlenstoffsenken im Landnutzungssektor wurden von den Diskussionsteilnehmer:innen diskutiert. Im Laufe der Diskussion ergaben sich unterschiedliche Meinungen zu den Risiken und Chancen, die mit der Verknüpfung eines möglichen AgETS und Kohlenstoffsenken verbunden sind. Mehrere Diskussionsteilnehmer:innen äußerten sich besonders kritisch zu den ersten vier Modellen. Modelle, bei denen eine Art Äquivalenz zwischen Emissionsreduzierungen und Senken geschaffen wird, die im Wesentlichen als eine Form der Kompensation interpretiert werden könnte. Es wurden zudem Bedenken geäußert, dass die Anreize zur Emissionsreduzierung gemildert werden könnten und dass falsche Äquivalenzen zwischen Emissionsreduzierungen und -Senken hergestellt werden könnten, vor allem, da es noch keine robusten MRV-Methoden für Kohlenstoffsenken im Landnutzungssektor gibt und verschiedene Treibhausgase nicht gleichwertig sind.
Während des gesamten Diskurses wurde immer wieder betont, dass Emissionsreduktionen und Kohlenstoffsenken nicht als austauschbare Einheiten behandelt werden sollten, sondern als separate und ergänzende Komponenten, die jeweils unterschiedliche Ziele und Anreize erfordern. Sie betonten auch die Notwendigkeit, Anreize für Produktionsmodelle zu schaffen, die die Emissionen wirksam reduzieren und gleichzeitig die langfristige Nachhaltigkeit fördern.
Die Diskussionsteilnehmer:innen, die den ersten vier Modellen kritisch gegenüberstanden, sahen daher das Modell von entkoppelten Märkten als eine erwägenswerte Option an. Sie wiesen darauf hin, dass das Honorierungssystem im Rahmen der entkoppelten Märkte nicht nur ergebnisorientierte Zahlungen, sondern auch eine Art hybriden Ansatz in Betracht ziehen sollte, bei dem auch tätigkeitsbezogene Zahlungen (action-based payments) eine Rolle spielen. Dies ist insbesondere bei einigen nachhaltigen landwirtschaftlichen Maßnahmen von Bedeutung. Die Teilnehmer:innen befassten sich mit den Feinheiten des natürlichen Methankreislaufs und erörterten die Frage der Dauerhaftigkeit des organischen Kohlenstoffs im Boden (SOC). Es wurde betont, dass die alleinige Nutzung von SOC keine dauerhafte Lösung für Kohlenstoffsenken darstellt. Anreize für Kohlenstoffsenken durch organischen Kohlenstoff im Boden sollten jedoch im Kontext eines gesunden und nachhaltigen Kohlenstoffkreislaufs betrachtet werden, anstatt so viel Kohlenstoff wie möglich in Böden zu speichern.
Andererseits wies ein Diskussionsteilnehmer darauf hin, dass die vier Modelle mit direktem oder indirektem Bezug zum AgETS nicht direkt außer Acht gelassen werden sollten. Kohlenstoffsenken müsen an Fahrt gewinnen, und jede Art der Finanzierung dieser Aktivitäten wäre eine positive Entwicklung, auch wenn es vielleicht nicht möglich ist, perfekte Lösungen zu finden, um die Risiken der Abschreckung und der Nichtgleichwertigkeit durch die Politikgestaltung zu vermeiden. Darüber hinaus wurde angeregt, auch andere innovative Lösungen und alternative marktgestützte Instrumente über die Verknüpfung mit einem AgETS hinaus in Betracht zu ziehen.
Zusätzliche Ökosystemleistungen von Kohlenstoffsenken
Ein Schwerpunkt des Diskurses lag auf der Bedeutung der Priorisierung von Kohlenstoffsenken, die auch Vorteile für die biologische Vielfalt bieten. Die Teilnehmer:innen unterstrichen die entscheidende Rolle, die die biologische Vielfalt bei der Erhaltung der Integrität und Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme spielt. Sie wiesen auf mehrere potenzielle Möglichkeiten von Kohlenstoffsenken hin, darunter die Wiederherstellung von Mooren, die naturnahe Waldbewirtschaftung, Aufforstungsmaßnahmen und die Erhaltung von Grünland. Die Teilnehmer betonten daher, wie wichtig es ist, Anreize zur Kohlenstoffentfernung mit Initiativen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und des Wassers zu verknüpfen, und erkannten gleichzeitig die Notwendigkeit einer getrennten Wasser- und Klimapolitik an. Es herrschte jedoch Einigkeit darüber, dass weitere Datenerhebungen und eine umfassende Überwachung unabdingbar sind, um die potenziellen Auswirkungen von Kohlenstoffsenken auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt vollständig zu verstehen.
Andere Optionen zur Anrechnung von Kohlenstoffabbau
Die Teilnehmer:innen diskutierten zudem Möglichkeiten für die Verwendung von potenziellen Einnahmen aus einem AgETS für Kohlenstoffsenken und zogen hybride Zahlungssysteme und die Einführung eines robusten Zertifizierungsrahmens für Kohlenstoffsenken in Betracht. Die GAP wurde als wichtige Finanzierungsquelle benannt, was die Bedeutung einer angemessenen Zuweisung des GAP-Budgets unterstreicht. Darüber hinaus bestätigten die Diskussionsteilnehmer:innen die Verfügbarkeit von Finanzierungsquellen jenseits des AgETS und schlugen einen umfassenden Ansatz zur Sicherung der notwendigen finanziellen Ressourcen vor.
Fragerunde
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion fand eine Fragerunde statt, in der Fragen an Aaron Scheid und die Podiumsteilnehmer:innen gestellt wurden. Die Diskussionen während der Frage- und Antwortrunde lassen sich in den folgenden Hauptthemen zusammenfassen:
- Einige Workshop-Teilnehmer äußerten Bedenken hinsichtlich der Risiken, die mit der Verknüpfung von Emissionshandel und Kohlenstoffsenken einhergehen und wiederholten die vom Podium angesprochenen Herausforderungen.
- Andere Teilnehmer wiesen auf die Notwendigkeit fortgesetzter und verstärkter Investitionen in Technologie und Innovation hin, wobei der Investitionsbedarf sowohl in Energie- als auch in Nahrungsmittelsystemen gemeinsam betrachtet werden sollte. In diesem Zusammenhang wiesen die Diskussionsteilnehmer erneut darauf hin, dass die Einnahmen aus dem AgETS nicht ausschließlich von Landwirten, sondern auch von anderen (nach- oder vorgelagerten) Akteuren stammen würden. Dies wird als eine Möglichkeit gesehen, Landwirte auf ihrem Weg zum Übergang zu unterstützen, anstatt sie zu bestrafen.
- Ein Workshop-Teilnehmer schlug vor, einen ähnlichen Ansatz wie im Energiesektor zu wählen, indem Einnahmen aus dem Emissionshandel zur Finanzierung von Subventionen verwendet werden, die sowohl Landwirte als auch Verbraucher für klimafreundliches Verhalten belohnen könnten.