Wegmarken für das EU-Klimaziel 2030
Versteckte Risiken und Chancen der Szenarien der EU-Kommission für den Pfad zur Klimaneutralität
- Publikation
- Zitiervorschlag
Knodt, M., Pahle, M., aus dem Moore, N., Edenhofer, O., Fahl, U., Görlach, B., Kosch, M., Pause, F., Perino, G., Schlacke, S. (2020): Wegmarken für das EU-Klimaziel 2030, (Ariadne Kurzdossier), Potsdam: Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam-Institut für Klimafolgenfoschung (PIK).
Die EU-Kommission hat sich auf ein ehrgeizigeres Treibhausgasziel von mindestens -55 % bis 2030 geeinigt. Wie man dorthin kommt, und wie man die EU fit für das 55 %-Ziel macht, ist Teil des Policy Briefs, der im Rahmen des Ariadne-Projekts veröffentlicht wurde.
Der Policy Brief beschreibt und bewertet die unterschiedlichen Politikpfade, die zum Klimaziel führen sollen. Dies wird keine leichte Aufgabe – unabhängig davon, ob die EU die -55 % hauptsächlich durch verstärkte Regulierung und Standards, primär durch einen Kohlenstoffpreis oder durch einen Mix aus beidem erreichen will. Der Weg über den Policy-Mix mag hierbei aber am attraktivsten erscheinen: Politisch ist er der Weg des geringsten Widerstands, da er den derzeitigen Kurs fortsetzt. So verspricht er das Beste aus beiden Welten – die Effizienz der Kohlenstoffbepreisung und die Sicherheit der regulatorischen Ansätze. Gleichzeitig gibt es einige konzeptionelle Argumente, die für den Mix sprechen: Begleitende Maßnahmen, wie Standards und Infrastrukturinvestitionen, sorgen dafür, dass die Verbraucher mehr klimafreundliche Optionen zur Auswahl haben und deren Kosten sinken. Dadurch können höhere Kohlenstoffpreise leichter verkraftet werden. Dennoch birgt der Policy-Mix das Risiko einer inkonsistenten und inkohärenten Anhäufung von sich überschneidenden Maßnahmen, die die Kosten in die Höhe treiben. Wenn unklar bleibt, welches Instrument für welches Problem gebraucht wird, kann dies letztlich sogar die Zielerreichung gefährden.
Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, da die Klimapolitik der EU deutlich ambitionierter werden soll. Ein willkürlicher Mix aus inkonsistenten klimapolitischen Maßnahmen, die widersprüchliche Signale senden und dadurch die notwendigen Investitionen verzögern, birgt das Risiko, das 2030-Ziel zu verfehlen. Ein glaubwürdiger Policy-Mix sollte daher auf einem klaren Ordnungsprinzip beruhen und vollständig auf die Klimaziele abgestimmt sein. Mit der Kohlenstoffbepreisung als tragende Säule des Mixes müssen die begleitenden Regulierungsinstrumente Barrieren und Hindernisse angehen, die den Kohlenstoffpreis hemmen, und Minderungspotenziale addressieren, die der Kohlenstoffpreis nicht erreichen kann. Schließlich sollte ein Policy-Mix für das 55 %-Ziel auch einen Überwachungsmechanismus beinhalten, der die Leistung des Mixes regelmäßig überprüft und entsprechend anpasst. Dies könnte eine Hauptaufgabe eines unabhängigen wissenschaftlichen Beirats sein, z. B. des vorgeschlagenen EU-Klimarats.