Wildlife Crime
Study for the ENVI Committee
- Publikation
- Zitiervorschlag
Sina, Stephan; Gerstetter, Christiane; Porsch, Lucas et al. (2016): Wildlife Crime. Study for the ENVI Committee, Brussels.
Chinesischen Behörden zufolge wurde das Corona-Virus auf einem Tiermarkt in Wuhan von wildlebenden Tieren auf den Menschen übertragen. Höchstwahrscheinlich gehen auch Ebola und Aids auf eine Übertragung durch wildlebende Tieren zurück. Neben der ernsthaften Bedrohung der Artenvielfalt und der nachhaltigen Entwicklung stellt die Gefahr für die menschliche Gesundheit somit einen zusätzlichen Grund dar, die Anstrengungen zur Bekämpfung des illegalen Handels und sonstiger Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten zu verstärken. Über die letzten Jahre hat das Ecologic Institut mehrere Studien zu Umwelt-Compliance und Umweltstrafrecht mit Bezügen zur Artenschutzkriminalität veröffentlicht. Die umfassendste Studie zur Artenschutzkriminalität wurde dem Ausschuss für Umweltfragen, Öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) des Europäischen Parlaments im April 2016 in Brüssel vorgestellt.
Im Vorfeld des EU-Aktionsplans zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels beauftragte das Europäische Parlament ein Konsortium unter Leitung des Ecologic Instituts mit dieser Studie. Sie untersucht Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten innerhalb der Europäischen Union (EU) und den Vollzug in den Mitgliedstaaten. Die Studie empfiehlt u. a., dem Kampf gegen diese Straftaten eine höhere Priorität auf der politischen Ebene und beim Vollzug einzuräumen. Die Mitgliedstaaten sollten für die Spezialisierung des Vollzugspersonals und der Vollzugseinheiten sorgen. Auch eine bessere Datenerfassung und Zusammenarbeit der Vollzugsbehörden sowie Maßnahmen zur Senkung der Nachfrage nach wildlebenden Tier- und Pflanzenarten wird empfohlen. Die Studie steht seit März 2016 auf der Website des Europäischen Parlaments als Download zur Verfügung.
Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten stellen inzwischen eine ernsthafte Bedrohung der Artenvielfalt und der nachhaltigen Entwicklung dar. Die EU ist sowohl ein wichtiger Markt für illegale Erzeugnisse aus wildlebenden Tier- und Pflanzenarten als auch ein wichtiger Akteur im Kampf gegen Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten. Deshalb hat die Europäische Kommission kürzlich einen EU-Aktionsplan zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels angenommen.
Die Studie wurde von einem Konsortium erstellt, das vom Ecologic Institut koordiniert wurde und das Institute for European Environmental Policy (IEEP), das Institute for Environmental Studies (IVM), die Universität South Wales, Ragnhild Sollund von der Universität Oslo, Tanya Wyatt von der Universität Northumbria und Teresa Fajardo del Castillo von der Universität Granada umfasste.
Struktur der Studie
Die Studie enthält zunächst eine Einführung zum CITES-Übereinkommen, das den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen regelt, und der Rechtssetzung der EU zu Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten. Dem schließt sich eine Auswertung der akademischen und offiziellen Literatur zu diesem Thema an. Außerdem enthält die Studie jeweils ein Kapitel über den illegalen Artenhandel in der EU und über die Umsetzung und den Vollzug der Rechtssetzung der EU zu Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in den Mitgliedstaaten. Diese Kapitel beruhen auf der Analyse ausgewählter offizieller Berichte und Statistiken über 25 Mitgliedstaaten, Daten von Mitgliedstaaten über Beschlagnahmen aus der EU-TWIX-Datenbank und vertieften Länderstudien einschließlich Experten-Interviews zu fünf ausgewählten Mitgliedstaaten (Deutschland, Niederlande, Polen, Spanien und Vereinigtes Königreich).
Illegaler Artenhandel in der EU
Die Studie legt dar, dass die EU sowohl ein Zielmarkt als auch eine Transitregion für wildlebende Tier- und Pflanzenarten und entsprechenden Erzeugnissen ist. Die Studie identifiziert vier wichtige Handelsrouten durch Europa:
- Große Säugetiere wie Elefanten, Nashörner und Großkatzen werden von Afrika und Südamerika über europäische Handels-Drehscheiben (z.B. Flughäfen) nach Asien transportiert
- Blutegel, Kaviar und Fische sowie Reptilien und Papageien für den Handel mit Haustieren in der EU werden über Küstenstraßen nach Europa geschmuggelt
- Gefährdete Vogelarten werden von Südosteuropa nach Südeuropa verbracht
- Wildlebende Tier- und Pflanzenarten aus Russland und Exporte aus Asien werden über osteuropäische Straßen befördert.
Der allgemeine Trend für Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten, gemessen an der Zahl der Beschlagnahmen, war in den letzten Jahren annähernd konstant. Die Mehrzahl der Beschlagnahmen fand in Ländern mit großen Handelsvolumina wie Deutschland, Niederlande, Spanien, Frankreich und das Vereinigte Königreich statt. Die am häufigsten beschlagnahmten Spezies sind Reptilien, Säugetiere, Blumen und Korallen.
Vollzug von EU-Rechtssetzung gegen den illegalen Artenhandel
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen im Großen und Ganzen ausreichend sind, um den illegalen Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten zu bekämpfen. Allerdings stellt der unzureichende und ungleiche Vollzug der bestehenden Gesetze in den Mitgliedstaaten ein großes Problem dar. Problematisch sind insbesondere die unterschiedliche und oft geringe Höhe der verhängten Sanktionen in den Mitgliedstaaten, ein Mangel an Ressourcen, technischen Fähigkeiten, Bewusstsein und Expertise auf Seiten von Ordnungshütern, Staatsanwälten und Justizbehörden, sowie die geringe Priorität von Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Die Studie endet mit Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen für das Europäische Parlament. Empfohlen wird unter anderem, dem Kampf gegen Straftaten im Zusammenhang mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten eine höhere Priorität sowohl auf der politischen Ebene als auch beim Vollzug einzuräumen; Die Mitgliedstaaten sollten für die Spezialisierung des Vollzugspersonals und der Vollzugseinheiten sorgen. Zu den Empfehlungen gehören auch Verbesserungen bei der Datenerfassung und der Zusammenarbeit zwischen den Vollzugsbehörden sowie Maßnahmen zur Senkung der Nachfrage nach wildlebenden Tier- und Pflanzenarten.