Science Sips Fischereipolitik im Wissenschaftsjahr 2016*17 – Meere und Ozeane
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- Berlin, Deutschland
In der vierten und damit abschließenden Science Sips Veranstaltung wurde über das Thema Fischereipolitik diskutiert. Fisch ist eins der bedeutendsten Nahrungsmittel weltweit und Berichte von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und NGOs warnen vor den gravierenden Folgen der Überfischung. Die deutsche und europäische Fischereipolitik soll den nachhaltigen Fischfang garantieren und die Ressourcen der Meere schützen – aber erreicht die aktuelle Fischereipolitik diese Ziele? Welche Auswirkung hat die Fischereipolitik darauf, was auf unseren Tellern landet? Wie kann man als Bürgerin und Bürger und als Konsumentin und Konsument einen Einfluss auf die Fischereipolitik und den Meeresschutz haben? Diese und noch mehr Fragen wurden bei diesem Science Sips im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Ein Geschmack der Zukunft der Meere" des Wissenschaftsjahres 2016*17 Meere und Ozeane zusammen mit Expert_innen diskutiert.
Die Impulsvorträge wurden gehalten von:
- Dr. Alexander Kempf, Arbeitsbereichsleiter Lebende Meeresressourcen, Thünen Institut für Seefischerei. Sein Vortrag bot einen Blick hinter den Kulissen der wissenschaftilche Beratung der Umsetzung der europäischen Fischereipolitik, an der er beteiligt ist. Er erklärte, wie die gemeinsame Fischereipolitik (GFP) der europäischen Union Ziele vorgibt, so dass Fischerei und Aquakultur umweltverträglich sowie langfristig wirtschaftlich und sozial tragbar sind. Der wissenschaftliche Ratschlag soll bei der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele die Grundlage für politische Entscheidungen darstellen. Kerninhalt der wissenschaftlichen Arbeit, so Dr. Kempf, sind Einschätzungen, wann ein Fischbestand überfischt oder außerhalb sicherer biologischer Grenzen ist. Dabei ist der maximale Dauerertrag (MSY) das wichtigste Managementziel der momentan gültigen GFP. Zwar ist die gemeinsame Fischereipolitik ein sehr guter Ansatz, jedoch bieten mehr Transparenz bei der Quotenfindung und verbesserte Kontrollen noch Verbesserungspotential der GFP.
- Sebastian Wegner, Policy Coordinator, Fisheries Transparency Initiative der Humboldt-Viadrina Governance Platform. In seinem Vortrag betonte er, dass Transparenz für die Erreichung einer nachhaltigen Fischerei unabdingbar ist. Nur durch Transparenz kann sichergestellt werden, dass Maßnahmen zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Fischbeständen tatsächlich durchgeführt werden und illegale Fischerei unterbunden wird. Er stellte die Fisheries Transparency Initiative (FiTI) als Lösungsansatz vor, die eine nicht-bindende Multi-Akteur-Initiative ist. Hierzu wurde ein sogenannter FiTI Standard entwickelt, der zwölf Kritierien aufweist und von den Mitgliedsländern erfüllt werden muss um das Label “FiTI Compliant” zu erhalten.
- Vivien Kudelka, Fisheries and Stakeholder Engagement Manager, Marine Stewardship Council (MSC). Der MSC ist eine weltweit agierende gemeinnützige Organisation die vor 20 Jahren gegründet wurde und in Übereinstimmung mit international anerkanntem ‚Best Practice‘ für eine nachhaltige Fischerei ein Umweltstandard und Siegel entwickelt hat. Über den „Hebel“ der Marktnachfrage setzt das MSC-Programm Kräfte für nachhaltige Fischereipolitik frei. Frau Kudelka erklärte, wie wissenschaftliche Daten über Fischereibeständen in die Arbeit mit Stakeholdern aus Fischereien und Politik integriert wird. Zertifizierte Fischereien setzen sich aktiv dafür ein, dass die Politik die von der Wissenschaft empfohlenen Quoten auch tatsächlich senkt.
Moderiert wurde der Abend von Stephanie Wunder, Senior Fellow und Koordinatorin des Berei-ches Food Systems beim Ecologic Institut. Sie leitete nach den Kurzvorträgen zur Diskussions-runde mit dem Publikum über. In der angeregten Diskussion wurde nach den Erfolgen der Zertifizierungssysteme und der GFP gefragt. Während konkrete, quantifizierbare Ergebnisse nicht vorliegen, da so viele Faktoren von einem Fischbestand abhängen und wichtige Daten noch fehlen, konnten doch von prägnante Erfolgsgeschichten berichtet werden. Genauso wichtig sind solche Zertifizierungsinitiativen als Plattform für Dialoge zwischen unterschiedlichen Parteien und auch das aufzeigen von Lösungsmöglichkeiten für Politik und breite Öffentlichkeit. Denn auch auf politischer Ebene, so Dr. Kempf, hat bereits ein Umdenken stattgefunden und erste positive Ergebnisse sind mit der gemeinsame Fischereipolitik sichtbar. Trotzdem sind immer noch viele der Fischbestände weltweit gefährdet und hier, so ein Appell ans Publikum, sind auch die Konsumenten gefragt, die mit Kaufentscheidungen Macht ausüben können.
Nach der Diskussion konnten die Teilnehmenden bei Musik Ratatouille aus Biogemüse probieren, welche die kulinarischen Partner Küstlichkeiten und Bone.Berlin serviert haben. Eine Variante gab es mit Bauchabschnitten vom Kabeljau aus nachhaltiger Fischerei, die aufgrund der geringen Marktnachfrage üblicherweise weggeschmissen werden. Teilnehmende haben dazu erfrischende Algen-Cocktails genossen, während sie sich noch mit den drei Experten in informeller Runde an "Ask a Scientist"-Tischen austauschten.