Einer für alle. Globaler Nachhaltigkeitsstandard für natürliche Ressourcen
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Schlegel, Stephanie und Timo Kaphengst 2007: "Einer für alle. Globaler Nachhaltigkeitsstandard für natürliche Ressourcen". Politische Ökologie, Jg. 25, Nr. 108, 55-57.
Der Nutzungsdruck auf natürliche Ressourcen wird in Zukunft durch Bevölkerungswachstum und rasanter wirtschaftlicher Entwicklung in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern weiter zunehmen. Ein nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen bedarf starker, effizienter und global gültiger Standards. Die aktuelle Diskussion über die Zertifizierung von Biokraftstoffen als Ausgang nehmend, werden in diesem Artikel von Stephanie Schlegel und Timo Kaphengst Möglichkeiten und Wege der Ausweitung eines globalen Nachhaltigkeitsstandards für natürliche Ressourcen (NRS) diskutiert.
Der derzeitige Boom des Biomasseanbaus für Biotreibstoffe sorgt in vielen Teilen der Erde für soziale und ökologische Probleme, wie zum Beispiel die Ausweitung und Intensivierung der landwirtschaftlichen Fläche, Entwaldung und Rückgang von Biodiversität, Übernutzung von Wasserressourcen, Auslaugung der Böden und Vertreibungen von Kleinbauern von ihrem Land.
Mit der Verschärfung dieser Probleme mehren sich die Forderungen, die weitere politische Förderung des Ausbaus der Bioenergie an die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards zu knüpfen. Auf internationaler Ebene und insbesondere in der EU haben sich inzwischen zahlreiche Initiativen gebildet, die die Definition von Nachhaltigkeitskriterien zum Ziel haben.
Dabei wird oft vergessen, dass sich nur ein kleiner Teil der Kritikpunkte explizit auf die Produktion von Biokraftstoffen bezieht wie z.B. die Frage, ob im gesamten Lebensweg tatsächlich Treibhausgase eingespart werden. Die meisten anderen Aspekte hingegen beziehen sich viel mehr auf Landnutzungspraktiken im Allgemeinen, zu der neben dem Biomasseanbau für Biotreibstoffe auch die Nahrungs- und Futtermittelmittelproduktion, der Anbau nachwachsender Rohstoffe für stoffliche Nutzungen und die Forstwirtschaft gehören.
Es ist demnach sinnvoll, alle Biomasseformen und Nutzungspfade in die Definierung von Nachhaltigkeitskriterien einzubeziehen, da es nicht plausibel erscheint, etwa für die Nutzung von Mais oder Palmöl als Nahrungsmittel andere Nachhaltigkeitsanforderungen zu stellen, als für eine energetische Nutzung, sei es zur Gewinnung von Treibstoff, Strom oder Wärme.
Unter der Berücksichtigung internationaler Anforderungen, wie zum Beispiel denen der Welthandelsorganisation WTO, werden in dem Artikel verschiedene Optionen aufgezeigt, wie ein solcher Standard aufgebaut, gestaltet und umgesetzt werden kann. Ein sogenannter „Meta-Standard“ für bereits vorhandene Standard- und Zertifizierungsinitiativen wird dabei der Idee eines völlig neuen Standards, in dem bestehende Systeme ihre Standards zugunsten des neu zu verhandelnden Standards aufgeben würden, gegenübergestellt. Bei der weiteren Ausgestaltung des Standards ist unter anderem relevant, wie hoch die Anforderungen zur Erfüllung des Standards angesetzt und auf welche natürlichen Ressourcen sich zunächst konzentriert werden sollte.
Die Umsetzung des Standards kann letztlich auf vielfache Weise erfolgen. Möglich ist etwa die Umsetzung als ein für den Verbraucher sichtbares Zertifizierungssystem. Ein Standard kann aber auch ohne Zertifizierung umgesetzt werden, so zum Beispiel als „business-to-business“ Standard zwischen verschiedenen Industriepartnern. Weitere Umsetzungsmöglichkeiten bestehen zum Beispiel im Rahmen von bilateralen Handelsabkommen oder auch der Nutzung von Lenkungsmechanismen wie etwa dem deutschen Biokraftstoffquotengesetz oder der europäischen Biokraftstoffrichtlinie, die die Anrechenbarkeit von Quoten an die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien koppeln könnten.
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