Print

Die neue transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP): Fokus Umwelt

Präsentation
Datum
Ort
Berlin, Deutschland
Podiumsdiskussion
Dr. Christiane Gerstetter

Am 13. Juni 2013 veranstalteten das American Institute for Contemporary German Studies (AICGS) Business & Economics Program und das Ecologic Institut gemeinsam einen Workshop unter dem Titel "The New Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP): A Focus on the Environment" in den Räumen des Ecologic Instituts in Berlin. Umweltaspekte sind in der Vergangenheit in internationale Handels- und Investitionsabkommen nicht immer hinreichend eingeflossen. Der Workshop sollte vor diesem Hintergrund dazu beitragen, dass Umweltbelange in den Verhandlungen zu dem geplanten Handels- und Investitionsabkommen zwischen den USA und der EU hinreichend berücksichtigt werden.

Der 30. Jahrestag von AICGS sowie der 5. Jahrestag der Eröffnung des Washingtoner Büros des Ecologic Instituts waren für beide Institute der Anlass, Umwelt- und Handelsaspekte in einer transatlantischen Perspektive zu verbinden. Botschafter Klaus Scharioth von der Merkator Stiftung hielt die Eröffnungsrede; Diskussionsteilnehmer und Moderatoren waren unter anderem Jack Janes, Präsident des AICGS, R. Andreas Kraemer, Direktor des Ecologic Instituts, Marla Luther (Joschka Fischer and Company), Jürgen Maier (Forum Umwelt und Entwicklung), Alexander Privitera (AICGS), Stephen Eule (U.S. Institute for 21st Century Energy, US-Handelskammer) sowie Christiane Gerstetter (Ecologic Institute).

Erwartete ökonomische Vorteile des TTIP

Bisherige Folgenabschätzungen bezüglich des TTIP erwarten erhebliche ökonomische Vorteile von einem solchen Abkommen. Die USA und die EU sind bedeutende Handelspartner und wichtige Investoren in dem jeweiligen anderen Wirtschaftsraum. 30% des Welthandels mit Gütern steht mit der EU und der USA in Verbindung. 40% des Handels mit Dienstleistungen, 50% des globalen Bruttosozialprodukts, 69% aller privaten Forschung und Entwicklung sowie 75% der weltweiten Finanzmärkte sind in diesen beiden Regionen konzentriert. Während Zölle für viele Güter bereits niedrig sind, werden Vorteile von Regeln über Investitionsschutz und Marktzugang erwartet, die über die geltenden multilateralen Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) hinausgehen, sowie von der Angleichung von technischen Regeln und Normen.

Kritik an fehlender Transparenz der Verhandlungen

In der ersten Diskussionsrunde unter dem Titel "Potential Implications of TTIP for the Environment, Energy, and Climate" war ein größeres Thema ein wahrgenommener Mangel an Transparenz in dem bisherigen Verhandlungsprozess. Vertreter der Zivilgesellschaft sowie Parlamentarier beklagen einen unzureichenden Zugang zu Verhandlungsdokumenten; beispielsweise wurde die Entwurfsfassung des Verhandlungsmandats der EU Kommission auf inoffiziellem Wege veröffentlicht, aber nicht offiziell von den Verhandlungsführern Stakeholdern und der  Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Notwendigkeit von mehr Transparenz und einer verstärkten Beteiligung der Zivilgesellschaft sowie besserer parlamentarischer Kontrolle bezüglich der TTIP Verhandlungen wurde kontrovers diskutiert. Während einige dies für einen wesentlichen Bestandteil demokratischer Entscheidungsfindung halten, wiesen andere daraufhin, dass ein geplantes Abkommen letztlich von Parlamenten auf beiden Seiten des Atlantiks abgesegnet werden müsse. Dies sei im Hinblick auf demokratische Willensbildung ausreichend.

Unterschiedliche Erwartungen bezüglich der Umweltauswirkungen von TTIP

Unterschiedliche  Erwartungen gab es auch bezüglich des ökologischen Potenzials von TTIP. Einige Diskussionsteilnehmer erwarteten, dass TTIP unter der Voraussetzung, dass Umweltbelange bei der Aushandlung des Abkommens explizit berücksichtigt werden, einen Mehrwert für die Umwelt bringen könnte. Insbesondere sei wichtig, dass Regierungen weiterhin das Recht auf Regulierung z.B. für Zwecke des Umwelt- und Gesundheitsschutzes hätten. Ein möglicher ökologischer Mehrwert von TTIP wurde im Bereich von Effizienzgewinnen durch einheitlichere technische Standards gesehen; solche Gewinne könnten Unternehmen in Arbeitsplätze und die Entwicklung von umweltfreundlichen Produkten investieren. Die Harmonisierung von Standards z. B. im Bereich der E-Mobilität oder der Abbau von Zöllen auf umweltfreundliche Produkte könnten zu einer weiteren Verbreitung solcher Technologien führen. Andere der Anwesenden waren skeptischer und erwarteten, dass TTIP zu einem Abbau von Umweltstandards führen könnte, die im Handelsdiskurs als Handelsbarrieren gesehen werden. Kritisch hinterfragt wurde, ob TTIP Potenzial für einen ökologischen Mehrwert bietet – Umweltmaßnahmen könnten von Regierungen schließlich auch unilateral ergriffen werden.

Gegenstand der Diskussion war auch, wie umfassend TTIP sein solle. Einige sprachen sich für die Einbeziehung solcher Themen wie Datenschutz aus. Ein Nachteil eines umfassenden Ansatzes ist allerdings, dass dadurch der Abschluss der Verhandlungen möglicherweise verzögert wird. Dies könnte auch die Verhandlungen insgesamt zum Scheitern bringen, wenn sich die politische Landschaft in den USA und der EU nach den jeweils nächsten Wahlen ändert.

Ein Vorschlag war, das geplante Abkommen offen und für andere Handelspartner zugänglich auszugestalten, so dass damit Standards für den internationalen Handel insgesamt gesetzten werden könnten. Ein Vorbild dafür aus der Vergangenheit ist das EU-US Telekommunikations-Abkommen, das zunächst von den beiden Parteien abgeschlossen wurde, aber offen war für weitere Länder, von denen viele dem Abkommen beitraten.

Harmonisierung von Regeln – ein Thema für TTIP?

Die zweite Diskussionsrunde stand unter dem Titel "Comparing Risk Regulation in the United States and Europe"; diskutiert wurde, wie mit den zwischen den USA und der EU unterschiedlichen Ansätzen von Risikoregulierung und -wahrnehmung in einem möglichen zukünftigen Abkommen umgegangen werden soll. Wirtschaftsvertreter erwarten von einer Harmonisierung von Regeln bedeutende Vorteile für Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Normen, Standards und rechtliche Regelungen den USA und der EU sind in vielerlei Hinsicht bereits ähnlich, aber TTIP könnte eine weitere Annäherung von Regeln zum Beispiel in den Bereichen Investitionsschutz, geistigem Eigentum oder technischen Standards bringen. Ein Ansatz wäre hierbei die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeit; ein Produkt, das in den USA als sicher eingestuft wurde, könnte dann in der EU verkauft werden. Eine andere Möglichkeit wäre, gemeinsame neue Standards zu schaffen, besonders in Bereichen, wo diese bisher nicht existieren (z. B. Nanotechnologie).  Die Notwendigkeit von TTIP für die Zwecke wurde jedoch auch hinterfragt: das WTO-Recht enthalte bereits Regeln über Transparenz und die gegenseitige Beteiligung von WTO-Mitgliedern im Bereich der Standardsetzung; daneben existierten Foren für die multilaterale Vereinbarung von Standards wie z. B. die Codex Alimentarius Kommission und in Foren wie den Trade Policy Review Mechanism der WTO sei eine Verständigung über handelsrelevante Maßnahmen von WTO-Mitgliedern möglich. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer darin, dass TTIP die jeweiligen Systeme für die Setzung von Regeln auf keiner der beiden beteiligten Seiten ändern sollte.

veranstaltet von
Podiumsdiskussion
Dr. Christiane Gerstetter
Datum
Ort
Berlin, Deutschland
Schlüsselwörter
TTIP, trade and environment, transatlantic relations, United States, investment, international law, EU

Source URL: https://www.ecologic.eu/8654