A Human Rights and Poverty Review
EU Action in Addressing Caste-Based Discrimination
- Publikation
- Zitiervorschlag
Langsdorf, Susanne 2013: A Human Rights and Poverty Review: EU Action in Addressing Caste-Based Discrimination. [Rahmenvertrag Entwicklungspolitik für das Europäische Parlament]. Brüssel: Directorate-General for External Policies of the Union, European Union.
Kastendiskriminierung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung, die die politischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen und bürgerlichen Rechte der Betroffenen verletzt. Weltweit werden ca. 260 Millionen Menschen aufgrund ihrer Kastenzugehörigkeit diskriminiert. Die Studie von Susanne Langsdorf (Ecologic Institut) für das Europäische Parlament geht der Frage nach, inwieweit die Europäische Union (EU) den Kampf gegen Kastendiskriminierung in ihre auswärtigen Beziehungen zu Bangladesch, Indien, Nepal, Pakistan und Jemen integriert hat. Aufbauend auf dieser Analyse wurden Empfehlungen für die EU erarbeitet, um Maßnahmen gegen Kastendiskriminierung in Programme, Strategien und Dialoge mit den betroffenen Ländern aufzunehmen. Die Studie steht als Download zur Verfügung.
Kastendiskriminierung basiert auf Prinzipien von "Reinheit" und "Unreinheit". Auf diese Unterteilung gründen sich die Trennung von Gruppen, die Ausgrenzung der unteren Kasten, eine "erbliche Arbeitsteilung" und eine starke Hierarchisierung. Die "Dalits" Südasiens bilden die größte Gruppe von Kastendiskriminierten. Unter diesen Begriff fällt eine große Gruppe von Unterkasten, die auf der niedrigsten sozialen Stufe stehen. Innerhalb der niedrigen Kasten sind insbesondere Frauen, einige spezifische Unterkasten und Kinder von Diskriminierung betroffen.
Gewalt gegen niedrige Kasten, die Verweigerung von Rechten, die ökonomische, soziale und religiöse Ausgrenzung sowie beschränkter Zugang zu Ressourcen und Dienstleistungen stellen einige der typischen Formen von Kastendiskriminierung dar. Da sich das Kastensystem stark auf bestimmte Berufsbilder gründet, ist die Diskriminierung im Bereich Arbeit besonders ausgeprägt. Die Diskriminierung führt zu hohen Armutsraten in den unteren Kasten. Zudem werden die unteren Kasten im Fall von Umweltkatastrophen oftmals schlechter durch humanitäre Hilfe erreicht.
Kastendiskriminierung und die Europäische Union
Die Europäische Union hat sich in den letzten Jahren mehrfach in Resolutionen und Reports mit der Kastendiskriminierung befasst. Sie verfügt über verschiedene Einflusskanäle um sich gegen Kastendiskriminierung einzusetzen. Dazu zählen Dialoge mit den betroffenen Ländern, Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Handelsbeziehungen.
In dem Briefing wurde der Frage nachgegangen, in welchem Umfang die Möglichkeiten zur Bewältigung von Kastendiskriminierung bereits ausgeschöpft werden und welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden könnten. Das Kastensystem und die relevanten gesetzlichen Bestimmungen in fünf betroffenen Ländern – Bangladesch, Indien, Nepal, Pakistan und Jemen – sowie die Maßnahmen der EU im Hinblick auf die Problematik wurden untersucht.
Die Formen der Diskriminierung ähnelten sich in den untersuchten Ländern stark. Die gesetzlichen Bestimmungen und die Sensibilisierung in Bezug auf Kastendiskriminierung wie auch die Berücksichtigung der Problematik in den Kooperationsbeziehungen der EU mit den Ländern variierten hingegen erheblich. In Indien und Nepal sind Unberührbarkeitspraktiken gesetzlich untersagt und es existieren diverse Vorschriften zum Schutz der Rechte von Dalits. In Bangladesch und Pakistan sind die Dalit-Bewegungen hingegen ein junges Phänomen. Die unteren Kasten werden gesetzlich nicht oder kaum geschützt.
Die "Akhdam", eine jemenitische Kaste außerhalb des hinduistischen Kastensystems, leidet unter ähnlichen Diskriminierungen wie die Dalits Südasiens. Auch im Jemen gibt es keine gesetzlichen Regelungen zum Schutz gegen Kastendiskriminierung.
In Nepal und Indien sind daher die Umsetzung der bestehenden Gesetze und der Zugang zur Justiz für benachteiligte Kasten entscheidend für den erfolgreichen Kampf gegen Kastendiskriminierung. Im Jemen, in Pakistan und in Bangladesch müssen zusätzlich spezielle Gesetze und Vorschriften gegen Kastendiskriminierung erlassen werden. Hierzu zählen die Kriminalisierung von so genannten Praktiken der Unberührbarkeit und die Einführung von Quoten für die politische Vertretung der benachteiligten Kasten.
Die EU adressiert Kastendiskriminierung nicht kohärent in der Kooperation mit den fünf untersuchten Ländern. Bilden "Menschenrechte" einen Schwerpunkt der Beziehungen der EU mit Bangladesch, Pakistan und Jemen, so wird die Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit in den spezifischen Instrumenten, Dialogen und Programmen kaum adressiert.
In Bezug auf Indien hat die EU bereits zwei Resolutionen zur Kastendiskriminierung erlassen. Im Country Strategy Paper (2007-2013), den dazugehörigen Dokumenten und in einigen Entwicklungsprojekten wird auf Kastendiskriminierung eingegangen. Auf dem EU-Indien Gipfel hingegen wurde Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit bisher nicht behandelt. Da Indien voraussichtlich ab 2014 keine bilaterale Entwicklungshilfe mehr durch die EU beziehen wird, werden in Zukunft die Dialoge die wichtigste Plattform für die EU bilden, um Kastendiskriminierung zu adressieren.
In der EU-Nepal Kooperation wurde sich ebenfalls mit der Problematik beschäftigt. Kastendiskriminierung wurde in das Country Strategy Paper (2007-2013) aufgenommen und verschiedentlich in Projekten der EU adressiert. Ein Mainstreaming der EU Aktivitäten im Bereich Kastendiskriminierung ist jedoch bisher in keinem der untersuchten Länder festzustellen.
Maßnahmen der EU gegen Kastendiskriminierung müssen stets die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, die Institutionen des Landes und ihre Funktionalität berücksichtigen. Folgende Empfehlungen wurden für die EU erarbeitet:
- Die Einführung einer Klausel gegen Kastendiskriminierung in alle Kooperationsvereinbarungen mit betroffenen Ländern.
- Eine Erhöhung der finanziellen Mittel für Projekte zur Bekämpfung der Kastendiskriminierung.
- Kastendiskriminierung tritt in einigen Schlüsselbereichen (Arbeit, Ausbildung) und gegenüber bestimmten Gruppen (Frauen) verstärkt auf. EU Projekte mit Einfluss auf diese Bereiche oder Gruppen sollten immer den Faktor Kastendiskriminierung in den betroffenen Ländern berücksichtigen. Für diese Sektoren sollten Empfehlungen erarbeitet werden.
- Der Faktor Kastendiskriminierung muss in die humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe aufgenommen werden. Mitarbeiter von EU Institutionen, die in betroffenen Ländern tätig sind, sollten ein Training über Kastendiskriminierung erhalten.
- Das Netzwerk der "Focal Points" für Menschenrechte könnte genutzt werden, um den Informationsfluss über Kastendiskriminierung zu verbessern.
- Im Einklang mit den Resolutionen "Menschenrechte der Dalits in Indien" und "Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit in Indien" sollte Kastendiskriminierung Teil der EU-Indien Gipfel und anderer Dialogveranstaltungen werden.
- Die EU sollte in Bangladesch, Pakistan und im Jemen auf eine höhere Sensibilisierung für Kastendiskriminierung hinarbeiten. Des Weiteren sollte die EU diese Länder in der Entwicklung von Gesetzgebung gegen Kastendiskriminierung unterstützen.
- Die EU sollte den Entwurf der "UN principles and guidelines for the effective elimination of discrimination based on work and decent" unterstützen und für ihre Nutzung werben.
- Die EU sollte Konsultationen mit der Zivilgesellschaft über Kastendiskriminierung abhalten.
Das Briefing wurde im Februar 2013 am Europäischen Parlament vorgestellt.