Am 28. Januar 2013 lud die kanadische Botschaft in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Ecologic Institut zu einer Podiumsdiskussion ein. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Rolle der Sozialwissenschaften für ein besseres Verständnis der Umweltveränderungen in der Arktis sowie deren Auswirkungen auf die Bewohner der Region. Prof. Gail Fondahl, Professorin an der University of Northern British Columbia und Präsidentin der International Arctic Social Sciences Association (IASSA), hielt den Eröffnungsvortrag. Im Anschluss moderierte Dr. Grit Martinez vom Ecologic Institute eine Podiumsdiskussion. Rund 40 Gäste aus Ministerien, Wissenschaftsinstitutionen, Botschaften, Stiftungen und Think Tanks nahmen an der lebhaften Diskussion teil.
Prof. Fondahl stellte die gravierenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Arktis dar, wie steigende Temperaturen, Permafrost-Schmelze, Überschwemmungen, und die Migration von Flora und Fauna. Gleichzeitig betonte sie, dass diese Veränderungen mit einer Reihe von demografischen, wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und gesundheitlichen Veränderungen einhergehen und mit diesen in Wechselwirkung stehen. Oft können diese sozialen Veränderungen akutere, kurzfristige Bedrohungen für die Menschen in der Arktis darstellen. Sie umfassen ein weitaus breiteres Spektrum an Herausforderungen (und Chancen), die es zu berücksichtigen gilt. In diesem Zusammenhang hob Prof. Fondahl die wichtige Rolle der Sozialwissenschaftler und der Naturwissenschaftler hervor, sowohl in ihrer unabhängigen, als auch in ihrer gemeinsamen Arbeit.
Vor dem Hintergrund dieser Veränderungen in der Arktis und der erhöhten Aufmerksamkeit, die der arktischen Frage augenblicklich zukommt, machte Prof. Fondahl auch auf die Entstehung und Entwicklung von Governance Regimes für die Region aufmerksam, allen voran auf den Arktischen Rat. Dieses Forum hat in den letzten Jahren begonnen, über seinen ursprünglichen Auftrag hinauszugehen, der sich vornehmlich auf technische Fragen beschränkte. Heute werden hier internationale Abkommen erarbeitet und geschlossen, die sich zunehmend auch auf traditionelle Sicherheitsfragen, wie Sicherheit im Seeverkehr, beziehen.
Anschließend moderierte Dr. Martinez die Podiumsdiskussion mit Prof. Fondahl sowie Sebastian Unger, Institute for Advanced Sustainability Studies, und Dr. Volker Rachold, International Arctic Science Committee. Dr. Martinez eröffnete die Debatte mit der Feststellung, dass die Realität der modernen Arktis nicht den "traditionellen" Vorstellungen einer menschenleeren Gegend und unberührter Natur entspricht, wie sie manchmal außerhalb der Region vorherrschen. Weiterhin betonte sie, dass Natur-und Sozialwissenschaftler die Verschiedenartigkeit der Bewohner der Arktis, sowie die verschiedenartigen Herausforderungen berücksichtigen sollten, denen die Bewohner gegenüberstehen.
Die Diskussion mit dem Publikum behandelte unter anderem Ansätze zur Integration von lokalen Perspektiven während des gesamten Forschungsprozesses, die Schnittstelle zwischen Natur-und Sozialwissenschaften in der Arktisforschung, Möglichkeiten zum Wissensaustausch zwischen Sozialwissenschaftlern bezüglich ethnographischer Studien in der Nordpolarregion, sowie die Notwendigkeit geeigneter Kommunikationsmittel für die Verbreitung von Forschungsergebnissen.
Eröffnet wurde die Sitzung durch Eric Walsh, Geschäftsträger der kanadischen Botschaft, der die besondere Bedeutung der Arktis für Kanada herausstellte. Dabei hob er unter anderem Kanadas "Northern Strategy", den bevorstehenden Vorsitz des Landes im Arktischen Rat und die hervorragende deutsch-kanadische Zusammenarbeit in der Arktisforschung hervor. Die Schlussworte sprach R. Andreas Kraemer, Direktor des Ecologic Instituts. Er dankte der kanadischen Botschaft für die Ausrichtung der Veranstaltung, die den Menschen in den Vordergrund der Diskussion stellte. Abschließend betonte er den wertvollen Beitrag, den die Sozialwissenschaften, trotz einiger Schwierigkeiten und Hindernisse, zur der Bewältigung arktischer Herausforderungen leisten können.