Die Zukunft der Kohlenstoffmärkte nach 2012
- Veranstaltung
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- Ort
- Berlin, Deutschland
- Aktive Rolle
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Sonja Butzengeiger (Perspectives GmbH)Rainer Durth (KfW)Thomas Forth (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit)
Mit dem Kyoto-Protokoll wurden erstmals Marktmechanismen genutzt, um Klimaschutzziele möglichst kostengünstig zu erreichen. Durch Instrumente wie Emissionshandel, den Clean Development Mechanism und Joint Implementation wurden Märkte für Klimaschutz geschaffen. Das Kyoto-Protokoll läuft jedoch Ende 2012 aus, und die Chancen stehen schlect, dass ein Nachfolgeabkommen rechtzeitig vereinbart wird. Was dies für die Marktmechanismen bedeutet, und wie die betroffenen Firmen auf diese Unsicherheit reagieren, war das Thema des 17. Climate Talks am 15. Dezember 2010.
Mit dem Einsatz der flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls - Joint Implementation, Clean Development Mechanismen und Emissionshandel - wurden private Akteure an der Umsetzung internationaler Klimaschutzziele beteiligt. Der Preis für und der Handel mit Emissionszertifikaten haben ökonomische Anreize für Klimaschutzprojekte und -maßnahmen geschaffen, Märkte haben sich gebildet. Doch Ende 2012 läuft die erste Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls aus. Obwohl bei den internationalen Klimaverhandlungen im mexikanischen Cancun gewisse Fortschritte erreicht werden konnten, scheint eine kurzfristige internationale Einigung auf eine zweite Verpflichtungsperiode zum gegenwärtigen Zeitpunkt fraglich. Es ist daher wahrscheinlich, dass eine Lücke zwischen der laufenden und der folgenden Verpflichtungsperiode entsteht. Vor diesem Hintergrund diskutierte der Climate Talk die möglichen Auswirkungen einer solchen Lücke auf die flexiblen Mechanismen, insbesondere den Clean Development Mechanism.
Die einleitenden Impulsreferate hielten Sonja Butzengeiger (Perspectives), Rainer Durth (KfW) und Thomas Forth (BMU).
Sonja Butzengeiger beschrieb aus Sicht der investierenden Unternehmen die relevanten Anreize für eine Fortsetzung des internationalen Zertifikatehandels. Erstens muss es die Erwartung geben, dass der Clean Development Mechanism weiterläuft, und der CO2-Preis muss ausreichend hoch sein, damit sich Investitionen rentieren (business case). Bei der Bewertung gibt es allerdings Unterschiede zwischen Unternehmen: gerade große Unternehmen betrachten den internationalen CO2 Markt eher aus strategischer Sicht, während kleine Unternehmen ihn als Mittel für ihre Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben (compliance) einsetzen. Zweitens muss der CDM-Regulierungsrahmen verlässlich bleiben. Für die aufwändigen Antragswege muss es eine Reform und Vereinfachung geben, damit lange Vorläufe von bis zu einem Jahr künftig nicht mehr vorkommen. Reformen sind bereits teilweise auf den Weg gebracht worden, aber vor allem fehlt es noch an einheitlichen Richtlinien zur Feststellung der "Zusätzlichkeit" von Emissionsminderungen (additionality). Drittens hat Cancun noch keinen Fortschritt für die weitere Verpflichtung unter dem Kyoto Protokoll gebracht. Für die Zeit nach 2012 stellt dies ein unternehmerisches Risiko dar. Signale für die nächsten Jahre kommen eher aus bilateralen Initiativen der großen Staaten wie Japan. Diskutiert wird über sektorale Anrechnungsmechanismen und die NAMAs (nationally appropriate mitigation action), aber derzeit ist noch völlig offen, wie diese Instrumente funktionieren sollen und in welchem Verhältnis sie zum internationalen Regime stehen werden. Das CDM-Regime können diese neuen Ideen kurzfristig nicht ersetzen.
Den fondsgestützten Programmen für den Ankauf von Zertifikaten aus internationalen Projekten sagt Rainer Durth eine steigende Bedeutung voraus. Der CO2-Markt hat sich international zwar dynamisch entwickelt, könnte aber besser funktionieren. Im Fokus der KfW Klimaschutzfonds steht daher vor allem die Überwindung von Marktunvollkommenheiten, zum Beispiel beim Zugang zu CO2-Zertifikatemärkten, der Übernahme von Risiken oder der Überwindung von Liquiditätsengpässen. Zudem sollen die geförderten Klimaschutzprojekte auch stärker entwicklungspolitischen Zielen dienen. Daher hat jeder Fonds einen eigenen Förderfokus. Fondslösungen können besonders sinnvoll sein, indem sie für die Anbieter einen langfristigen Abnahmevertrag etablieren und die Transaktionskosten für die Käufer mindern, indem sie das Angebot bündeln. Die Fonds federn somit für beide Seiten Risiken ab. Eine Fortsetzung dieses Modells hängt vor allem von den politischen Vorgaben ab. Dazu sollte es aber auch neue Ideen für die Gewinnung von CO2-Gutschriften geben, z.B. weg von großen Punktemittenten und hin zu mehr programmbasierten und sektoralen Projekten. Da nicht zu erwarten ist, dass andere große Staaten in nächster Zeit als Nachfrager in diesem Markt auftreten werden, werden die KfW Fonds weiterlaufen (auch jenseits von 2012).
Thomas Forth beschrieb aus Sicht der Politik die Herausforderungen für die EU, die sich aus den langsamen internationalen Verhandlungen für den CO2-Markt ergeben. Insbesondere das Problem der überschüssigen AAUs in der EU und Russland bleibt ungelöst und damit die Frage, wie überhaupt genügend Anreize für Investitionen in den Klimaschutz erreicht werden können. Ein Markt für Klimaschutzprojekte wird aber gebraucht, zum Beispiel auch, um die NAMAs zu unterstützen. Die Zukunft der Joint Implementation ist fraglich, denn JI hat sich nicht dauerhaft bewährt, und nur wenige Projekte erzeugt. Dagegen wurde für den CDM in Cancun ein Arbeitsauftrag erteilt; hier gilt es für die Bundesregierung klare Prioritäten zu setzen. Zu diesen gehören mehr Transparenz im Executive Board, z.B. bei der Überprüfbarkeit der Entscheidungen, sowie eine breitere geographische Verteilung der Projekte.
In der anschließenden Diskussion wurden verschiedene technische und politische Fragen rund um die Reform des CDM angesprochen. Zentral sind dafür die Zielsetzungen durch die Politik, auf die die Märkte reagieren können. Gerade das Fehlen von Sicherheit für die Zeit nach 2012 ist hier problematisch, da Unternehmen keine sichere Basis für ihre Erwartungen an zukünftige Entwicklungen haben.
Diskutiert wurde auch, dass der CDM sich derzeit v.a. auf große Schwellenländer konzentriert und sich daher die Frage stellt, ob und inwieweit die anderen Staaten stärker unterstützt werden müssten, um sich am CDM beteiligen zu können (insbesondere Afrikanische Länder). Hier stand auch die Frage im Raum, ob öffentliche Gelder effizienter für die Unterstützung der Märkte oder für die direkte Hilfe im Klimaschutz eingesetzt werden können.
Nach der Veranstaltung wurde die angeregte Diskussion in entspannter Atmosphäre in einem nahegelegenen Restaurant fortgesetzt. Der Climate Talk ist ein Expertendialog zu aktuellen politischen, rechtlichen und ökonomischen Fragen des Klimaschutzes, der organisiert wird von Dr. Camilla Bausch und Benjamin Görlach vom Ecologic Institut und Dr. Susanne Dröge von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Die Veranstaltung fand am 15. Dezember 2010 in den Räumen der SWP statt und wurde moderiert von Dr. Susanne Dröge.