Risikomanagement für europäische Küsten
Einheitliche Lösung passt nicht
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Die von der europäischen Kommission unterstütze Forschung, bescheinigt den Küsten in Europa seit Jahren gravierende Probleme. Zahlreiche Forschungsprojekte befassten sich mit Risikozonen die von Sturmfluten, Erosion und anderen Gefahren bedroht sind. Daten wurden erhoben und Szenarien erstellt als auch mögliche Strategien vorgestellt, wie diesen Bedrohungen bestmöglich begegnet werden kann.
Wenige Forschungsprojekte befassen sich jedoch mit der wechselseitigen Beziehung zwischen den natürlichen Küstenräumen und den Einflüssen von Akteuren auf diese Gebiete und umgekehrt, beispielsweise bei der Umsetzung von Maßnahmen und Strategien zur Minderung von Risiken. Da bei solchen Studien häufig detaillierte und tiefgründige Analysen erforderlich und sogenannte "harte Fakten" keine Auskunft geben, geht es bei diesen Arbeiten vor allem darum, mit den gesellschaftlichen und politischen Strukturen, den Werten, Mentalitäten und Motivationen der Akteure vertraut zu sein. Zudem sollte ausreichend Zeit für Beobachtungen und Gespräche zur Verfügung stehen.
In dem im April 2017 zu Ende gegangene RP7-Projekt RISC-KIT, haben das Ecologic Institut und seine Partner versucht diese Forschungslücke zu schließen, indem historische und sozio-kulturelle Zusammenhänge in die Arbeiten zur Politikberatung für Risikomanagement an europäische Küsten integriert wurden.
Die vielseitigen und oftmals spektakulären Küstenabschnitte in Europa stellten ideale Reiseziele dar, die bald zu intensiver Bebauung vieler europäischer Küstenabschnitte führten und das Zeitalter des Massentourismus einläuteten. Angetrieben durch eine generelle Gläubigkeit in ingenieurwissenschaftliche Fähigkeiten führte dies bald zu massiven Eingriffen in die Küstendynamik und trug zur Forcierung von Erosionsprozessen bei. Heute leben mehr als 42% der Europäer in Küstenregionen mit einem infrastrukturellen Wert nahe 959 Billionen Euro. Gegenwärtige und vergangene Sturmflutereignisse belegen, dass Küstenregionen signifikanten Risiken ausgesetzt sind, die zur Lahmlegung von Städten und Regionen führen können. Seltene historische und aktuelle Ereignisse mit großer Wirkung (zum Beispiel Wirbelsturm Xynthia (2010), Sturzfluten in Lingurien (2011) oder die Flutkatastrophen 1953 in Nordwesteuropa und 1962 in Hamburg belegen die Hochwasserrisiken der Küstengebiete in Europa. Es ist davon auszugehen, dass diese Risiken mit dem Klimawandel sowie dem Bevölkerungszuwachs und steigenden Investitionen in den Küstengebieten weiter zunehmen werden.
Europas kulturelle Vielseitigkeit stellt einerseits eine Herausforderung für die Umsetzung gemeinsamer Strategien zur Risikominderung dar, ist aber auf der anderen Seite ein unverzichtbares Kenzeichen zur Erreichung der strategischen Zielsetzung eines wohlhabenden, solidarischen und sicheren europäischen Kontinents. Das Risikomanagement in den RISC-KIT Fallbeispielen ist ein Resultat der sozialen Interaktionen und politisch-ökonomisch und kulturellen Gegebenheiten. Jeder regionale Kontext ist andersartig geprägt durch historische Ereignisse, Einstellungen, Verhaltensweisen und Werte sowie politische und rechtliche Rahmenbedingungen die wiederum zu bestimmten Interpretationen von Risikoplanung und deren Umsetzung führt. Daher werden – abhängig vom regionalen Kontext – unterschiedliche Lösungen in ähnlichen Situationen erarbeitet. Risikomanagement nur als technische oder politische Aktivität wahrzunehmen, wäre daher unrealistisch und ungenügend für eine langfristige und von den Akteuren akzeptierte Risikominimierungsstrategie. Daher sollten Strategien zum Management von Risiken immer auch die gesellschaftlichen und kulturellen Aspekte der verschiedenen Akteursgruppen berücksichtigen.
Unter der Federführung des Ecologic Institutes wurden mehr als 150 persönliche Gespräche von den Partnern des RISC-KIT Projektes durchgeführt. Die Ergebnisse der Befragung wurde in die RISC-KIT 'toolbox', unter anderm in den internetbasierten Managementführer sowie im RISC-KIT Policy Brief dargestellt.