Eine vergleichende Analyse der langfristigen Strategien in Tschechien, Ungarn, Polen und der Slowakei zeigt sowohl Gemeinsamkeiten als auch erhebliche Unterschiede. Die Strategien in ihrer derzeitigen Form stellen dabei erste Leitfaden für individuelle nationale Transformationspfade hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft dar. Gleichzeitig bedürfen sie einer weiteren Spezifizierung und zeigen Verbesserungsbedarf. Es gibt zudem keine Anzeichen für grenzüberschreitendes Denken oder eine Suche nach gemeinsamen Lösungen für die Region in den Strategien. Die Analyse wurde im Rahmen des Projekts Climate Recon 2050 durchgeführt, das vom Ecologic Institut geleitet wird.
Die Erstellung einer adäquaten langfristigen Klimastrategie (LTS) ist von entscheidender Bedeutung für Planung und Steuerung effektiver Maßnahmen. Das Ziel einer derartigen Strategie ist es, eine ganzheitliche wirtschaftliche Perspektive aufzuzeigen, detaillierte sektorale Pfade zu identifizieren für den nötigen Strukturwandel in den einzelnen Sektoren und über sie hinweg. Die EU-Mitgliedstaaten wurden verpflichtet, bis zum 1. Januar 2020 nationale langfristige Klimastrategien zu entwickeln, obwohl nicht alle Länder diese Frist eingehalten haben. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im Januar 2022 waren 22 von 27 nationalen Strategien bei der Europäischen Kommission eingereicht worden.
In diesem Bericht liegt der Schwerpunkt auf den vier Mitgliedern der sogenannten Visegrád-Gruppe, nämlich Tschechien, Ungarn, der Slowakei und Polen. Die V4 ist ein formelles Bündnis, das 1991 gegründet wurde und heute als Plattform für den Austausch im Hinblick auf die Mitgliedschaft in der EU und die Erörterung aktueller Fragen dient, sowie der Zusammenarbeit in Bereichen wie Wissenschaft, Wirtschaft und Energie. Die Visegrád-Länder verfolgen bei der Entwicklung ihrer LTS relativ ähnliche Ansätze. Allerdings unterscheiden sich die Dokumente im Detailgrad der einzelnen Teile und in ihrer Struktur. Die Qualität der Dokumente wird auch durch das Datum ihrer Verabschiedung beeinflusst: Polen (Entwurf) oder Ungarn haben möglicherweise von einer späten Verabschiedung profitiert, da sie mehr Zeit und Feedback aus früheren Strategien hatten.
Während der polnischen V4-Ratspräsidentschaft 2020-2021 kündigten die V4-Länder an, eine intensivere Zusammenarbeit im Energiesektor anzustreben, einschließlich eines gemeinsamen Standpunkts auf EU-Ebene bezüglich des gerechten Übergangs in den Kohleregionen und eines Regulierungsrahmens für den Erdgasmarkt. Daher ist diese vergleichende Analyse der einzelnen langfristigen Strategien ein guter Bezugspunkt für weitere Diskussionen in der Visegrád-Gruppe, in der Region Mittel- und Osteuropa und in der gesamten Europäischen Union. Auf der Grundlage der Ergebnisse liefert die Analyse auch Hinweise für künftige Aktualisierungen der Langfriststrategien, die angesichts der aktualisierten Ziele der EU, die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen und die Emissionen bis 2030 um 55 % zu senken, notwendig sein werden.
Die polnische Strategie selbst war zum Zeitpunkt der Erstellung der Studie noch nicht offiziell veröffentlicht, doch wurden den Autoren von WiseEuropa quantitative Modellierungsdaten für die Zwecke dieser vergleichenden Analyse zur Verfügung gestellt.