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Auf den Spuren ost- und westdeutscher Identitäten in der wissenschaftsbasierten Umweltpolitikberatung

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Auf den Spuren ost- und westdeutscher Identitäten in der wissenschaftsbasierten Umweltpolitikberatung

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Berlin, Deutschland
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Prof. Dr. Simonis und Michael Zschiesche begaben sich am 20. März 2013 im Ecologic Institut Berlin "Auf die Spuren ost-  und westdeutscher Identitäten in der wissenschaftsbasierten Umweltpolitikberatung". In dem Zeitzeugengespräch wurden vor allem die Unterschiede zwischen Ost und West deutlich, auch wenn die Anfänge der Institutionalisierung von Umweltpolitik ähnlich scheinen. Das Gespräch ist online verfügbar.

In Westdeutschland wurde 1971 das erste Umweltaktionsprogramm der Bundesregierung verabschiedet. Im selben Jahr wurde der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) und kurz darauf, 1974, das Umweltbundesamt (UBA) gegründet. In der DDR wurden ebenfalls in den siebziger Jahren erste umweltpolitische Institutionen und Programme geschaffen. Bereits 1970 wurde das Landeskulturgesetz eingeführt, 1971 wurde das Ministerium für Umweltschutz und Wasserwirtschaft geschaffen. Auf dem Papier war die Gesetzeslage zeitweilig fortschrittlicher als in der BRD. Michael Zschiesche betonte jedoch, dass die Gesetze mangelhaft kontrolliert, umgesetzt und in die Zivilgesellschaft eingebettet waren.

In der BRD entstanden in den siebziger Jahren die ersten unabhängigen oder alternativen wissenschaftlichen Institute. Diese Institute lieferten der Umweltbewegung den wissenschaftlichen Unterbau für ihren Protest. Sie setzten sich durch ihre kritische Haltung von der klassischen universitären Wissenschaft ab, die zu diesem Zeitpunkt noch stark technologiefreundlich und industrienah war.

Die Gründung unabhängiger Institute war in der DDR verboten. In Ostdeutschland kam die kritische Umweltwissenschaft daher erst mit dem Fall der Mauer auf. Angesichts gravierender Umweltverschmutzungen entwickelte sich jedoch bereits früh eine Umweltbewegung. Diese Bewegung ist gleichzeitig politischer und weniger politisch als die Umweltbewegung in der BRD: Das Protestverhalten der Umweltbewegung war deutlich schwächer als das der westdeutschen Umweltschützer. Gleichzeitig verbarg sich in der ostdeutschen Bewegung oftmals der politische Protest gegen das System als solches, dessen Defizite auch im Umweltbereich zum Tragen kamen: So führte beispielsweise die Geheimhaltung von Umweltinformationen in der DDR zu einer Auseinandersetzung zwischen Zivilgesellschaft und Staat.

Bezüglich der gegenwärtigen Entwicklungen zogen Prof. Dr. Simonis und Michael Zschiesche eine gemischte Bilanz. Prof. Dr. Simonis sieht in der Existenz des SRU und Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WGBU) als staatlich geförderte, aber freie Räte ein einzigartiges Charakteristikum der deutschen wissenschaftlichen Umweltpolitik, die durch die unabhängigen Institute ergänzt werden. Allerdings müsse der Einfluss der Wissenschaft gestärkt werden. Prof. Dr. Simonis: "Selbst wenn man Wissenschaft etabliert (...), muss das gesellschaftlich noch nicht sonderlich viel bedeuten. Wie stark wird denn Politik überhaupt von Wissenschaft beeinflusst?".  Beide Experten sprachen sich daher für eine stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft in die Umweltpolitik aus, die nicht zuletzt durch eine stärkere Aufmerksamkeit der Medien unterstützt werden müsse.

Prof. Dr. Udo Ernst Simonis ist Professor Emeritus für Umweltpolitik am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) und war dort über viele Jahre Direktor des Internationalen Instituts für Umwelt und Gesellschaft (IIUG). Michael Zschiesche ist Vorstandssprecher und geschäftsführender Vorstand des Unabhängigen Instituts für Umweltforschung (UfU), dem einzigen unabhängigen Umweltinstitut mit Wurzeln in der DDR Umweltbewegung.

Auf dem Papier war die Gesetzeslage in der DDR zeitweilig fortschrittlicher als in der BRD, doch waren die Gesetze mangelhaft kontrolliert, umgesetzt und in die Zivilgesellschaft eingebettet.

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Berlin, Deutschland
Sprache
Deutsch
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25
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Schlüsselwörter
Politikberatung, Umweltpolitik, Michael Zschiesche, Udo Simonis, DDR, Oral History, Ecornet
Deutschland
Interview